Dass Geld bis zu einem gewissen Betrag glücklich macht, lässt sich nicht bestreiten. Immerhin ermöglicht es die gesellschaftliche Teilhabe sowie Befriedigung persönlicher Bedürfnisse. Ich möchte in diesem Beitrag jedoch nicht darüber diskutieren, mit wieviel Geld man wie glücklich ist, denn das ist ohnehin viel zu subjektiv und auch nicht so zielführend wie mein Anliegen.
Statistiken zufolge steigt die Altersarmut in Deutschland sukzessive an, vor allem für „familienorientierte“ Frauen (verheiratet und an männlichem Hauptverdiener orientiert, geschieden, verwitwet, alleinerziehend, …). Die genauen Gründe sind vielfältig. Der für mich wichtige Punkt ist der, dass jede*r schon heute daran arbeiten kann, diesem Phänomen entgegen zu wirken. Dem aktiven Handeln gegen die Altersarmut widme ich diesen Beitrag.

Das beliebte, deutsche Sparbuch ist leider schon lange nicht mehr so attraktiv wie es einmal war. Unser Geld auf dem Konto verliert jährlich ca. 1,4% an Wert dank der Inflation. Das heißt, unser sauer Erspartes wird von Jahr zu Jahr weniger wert. Nichtsdestotrotz ist es richtig und wichtig, einen Notgroschen auf dem Konto zu haben. Corona hat uns sehr stark verdeutlicht, wie wichtig ein finanzielles Polster ist. Aber wenn wir wollen, dass unser Erspartes seinen Wert nicht verliert und sogar an Wert gewinnt, führt zurzeit kein Weg am Aktienmarkt vorbei.
Bevor hier einige aufhören möchten, weiterzulesen, weil das Wort „Aktien“ alle Alarmglocken bei ihnen schlagen lässt, gebt mir eine Chance, es zu erklären 🙂
Ich werde weder von irgendjemandem dafür bezahlt noch habe ich irgendeinen Vorteil von diesem Beitrag außer dem, meine finanzielle Bildung mit einer breiten Masse zu teilen, damit jede*r davon profitieren kann.
Als der Corona-Crash im März 2020 die Börse erreichte, fing ich an, ins Grübeln zu kommen, warum viele schlaue Menschen genau von solchen Momenten profitieren. Dann fingen ein paar lange Monate des autodidaktischen Lernens der Börse an, in denen ich erstaunt war, wieviel guter Content dazu kostenfrei zur Verfügung steht. Ich habe ein paar wichtige Dinge gelernt, die ich hier mit euch teilen möchte.

1. Vertraue keinem „Finanzberater“.*
Riester, Rürup, aktiv gemanagte Fonds und was einem sonst noch alles vom Bankberater empfohlen wird, kann man fast durchweg ignorieren. Jegliche Finanzprodukte, die einem von Versicherungsvertretern, Finanzberatern und Bankangestellten empfohlen werden, bevorteilen in erster Linie den Verkäufer, da er sich das Unwissen des Käufers zunutze macht. Honorarberater sind echte Berater, denn die bezahlst DU pro Stunde, damit sie in deinem Interesse recherchieren. Wen du nicht bezahlst, den bezahlt jemand anders und in seinem Interesse verläuft auch das Geschäft.
2. Streue breit.
Investiere nie in einzelne Unternehmensaktien, wenn du nicht bereit bist, dieses Geld komplett zu verlieren. Ein wunderbares Beispiel dafür ist der ehemalige DAX-Konzern Wirecard. Wenn du das Risiko minimieren möchtest, dein Geld zu verlieren, investiere in tausende Aktien gleichzeitig. Wenn ein Unternehmen darunter pleite geht, interessiert dich das nicht, da genügend andere zwischenzeitlich profitiert haben werden und den Verlust des einen ausgleichen. Das Zauberwort heißt „Diversifikation“.
3. Hab einen langen Anlagehorizont.
Werde nicht zittrig, wenn die Kurve mal nach unten geht. Ein niedriger Kurs ist der perfekte Zeitpunkt zum Nachkaufen. Wenn du z.B. überzeugt bist von einem Unternehmen und weißt, es wird langfristig im Wert steigen, dann verkaufst du es nicht, wenn der aktuelle Wert am Tiefpunkt liegt, sondern behälst es so lange, bis der Wert wieder ins Positive steigt. Die gesamte vergangene Börsengeschichte zeigt: Langfristig geht es bergauf. So ist unsere Gesellschaft nunmal aufgebaut: auf Wachstum. Dein Anlagehorizont sollte daher mindestens 10-15 Jahre betragen.
Das war jetzt wirklich die gröbste Zusammenfassung der Regeln, an die du dich in der Börse halten solltest, um dein Erspartes für dich arbeiten zu lassen.

Wie kann das nun konkret aussehen?
Ich werde dir ein Beispiel aus meinem engen Umfeld illustrieren. Es handelt sich um die einfachste Anlageform, die ich unterstütze. Somit zeige ich hier lediglich eine Möglichkeit von tausenden auf, die meiner Meinung nach gut für die funktioniert, die etwas tun, sich aber nicht in das Thema vertiefen möchten. Ich übernehme keine Garantie und keine Verantwortung für jegliche Konsequenzen, die daraus folgen.
Beispiel Anna (Name geändert):
Anna hat nicht viel Geld im Monat zum Sparen übrig, weiß aber, dass schon 25€ ausreichen, um einen Anfang zu machen. Sie eröffnet als erstes ein Depot (sowas wie ein Konto für Aktien und andere Wertpapiere) bei einem Broker (sowas wie ein Händler). Sie hat die Auswahl zwischen sehr vielen Brokern. Sie entscheidet sich für einen Online-Broker (z.B. Trade Republic, Smartbroker, …) im Gegensatz zu ihrer Hausbank, weil letztere sehr viel teurer ist. Sie sucht sich einen Topf mit vielen Aktien aus, die breit gestreut sind über die ganze Welt, um das Risiko größtmöglich zu minimieren. Sie entscheidet sich für den ETF (Exchange Traded Fund) MSCI ACWI, da dieser Fond sowohl die Industrieländer als auch Schwellenländer abbildet. Bevor sie einen Sparplan auf diesen ETF ausführt, richtet sie einen Dauerauftrag zu Beginn des Monats von ihrem Girokonto auf ihr Depotkonto ein. Nachdem das Geld automatisch jeden Monat wie ihre Handyrechnung von ihrem Girokonto abgezogen wird, kann sie den Sparplan einrichten. Ihr Broker zeigt ihr das Schritt für Schritt. Nachdem sie das gemacht hat, legt sie die Füße hoch und schaut nur noch ein Mal im Jahr nach, wie der Stand der Dinge ist. Sie nimmt sich vor, die Sparrate zu erhöhen, sobald sie mehr Geld zur Verfügung hat und die Sparrate auszusetzen, wenn sie finanziell schwächer dasteht. Nur eins ist sicher: Sie verkauft niemals während eines Crashs, sondern sitzt ihn gemütlich aus, weil sie weiß, auch diese Zeit wird früher oder später vorbeigehen.

Da es wirklich schwierig ist, das gesamte Thema in einen Blogbeitrag zu komprimieren, bin ich sowohl für Nachfragen offen und möchte ebenso einige Empfehlungen geben, wie man sich selbst am Besten dazu weiterbilden kann.
Der Podcast von Madamme Moneypenny hat mich sehr inspiriert, meinen Hintern überhaupt erstmal hochzubekommen. Der Podcast und die Youtube-Videos von Finanzfluss sind optimal, um sich leicht verständlich in die Materie einzuarbeiten. Das Buch „Anlegen mit ETF“ der Stiftung Warentest gibt einen prima Überblick über die verschiedenen Fonds. Und schließlich das Buch „Souverän Investieren“ von Gerd Kommer taucht in die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Börse ein. Es ist zwar etwas trocken geschrieben, deswegen erwähne ich es nach den anderen Quellen, aber ist miteins der wichtigsten Bücher zu diesem Thema, weil es an Seriosität und Glaubwürdigkeit kaum zu toppen ist.
Noch eine kleine Bemerkung zum Schluss: Fang jetzt an! Die Magie der Börse liegt in der Zeit, also verschwende keine und lass dein Geld ab heute für dich arbeiten!
*Ich verwende ab hier ausnahmsweise das generische Maskulinum, um den Lesefluss aufrecht zu erhalten.
Quellen:
Kahneman, D. und Deaton, A. (2010): High income improves evaluation of life but not emotional well-being. In: Proceedings of the national academy of sciences 107 (38), S. 16489-16493.
Klammer, U. (2017): Aktuelle und zukünftige Risikogruppen der Altersarmut und Konsequenzen für eine lebenslauforientierte Alterssicherungspolitik. In: Buttner, P. (Hg.) (2017): ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit. 2/2017, S. 16-27.
Kommer, G. (2018): Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen. Campus Verlag. Frankfurt am Main.
Inflationsrate in Deutschland von 2010 bis 2020 berechnet auf: https://de.statista.com/